Thema „Sprunggelenksverletzung“: Dr. Hank im Interview mit FuPa.net

Mohr fehlt Blankenloch auch in der Rückrunde

Mohr Blankenloch FuPa.netDer Abstiegskampf beim SVB muss ohne Matthias Mohr realisiert werden +++ Sechs Wochen darf der Fuß nicht belastet und bewegt werden.

Mit Platz 11 aus dem Vorjahr wollte man sich in Blankenloch in dieser Runde nicht mehr zufrieden geben, ein einstelliger Tabellenplatz sollte folgen. Die Realität sieht nun ganz anders aus – Platz 16 mit lediglich sechs Punkten stehen zu Buche. Mit ein Grund hierfür ist sicherlich das Fehlen des
letztjährigen Toptorjägers Matthias Mohr.

Am 14.08.2015, also kurz vor Rundenbeginn, kam der Schock für den damaligen Trainer Frank Hünerfauth. Matthias Mohr, im Vorjahr glänzend aufgelegt mit dreizehn Toren, verletzte sich im Testspiel gegen den Bruchsaler Verein FC Neibsheim schwer. Die direkten Folgen seiner Sprunggelenksverletzung waren Schmerzen gefolgt von einer starken Schwellung. Nach einer Untersuchung in der Arcus Klinik Pforzheim folgte dann die Gewissheit, die Runde war gelaufen – eine OP stand ins Haus.

Hank_ChristianFuPa hat sich mit dem behandelnden Arzt der Arcus Sportklinik Dr. Christian Hank, über die Verletzung unterhalten.

Dr. Christian Hank ist Spezialist für Endoprothetik an Hüfte, Knie und Sprunggelenk und für die gesamte Fußchirurgie am Jugendlichen und Erwachsenen. Zudem ist er zertifizierter Fußchirurg.

 


FuPa:
Nach dem Matthias Mohr im Spiel einen Schlag gegen das linke Sprunggelenk abbekam, waren die Symptome der Verletzung sofortige Schwellung und Schmerzen. Im Amateurbereich gilt das „Eisspray“ als Allheilmittel – welche Maßnahmen sollte man aus medizinischer Sicht am besten unternehmen, um präventiv zu handeln?
Dr. Christian Hank:
Die wichtigste präventive Maßnahme bei Sportarten mit „Umknickpotential“ sind regelmäßige koordinative Stabiübungen, auch neuromuskoläres Integrationstraining genannt.Denn das Umknicken steht fast immer am Anfang der meisten Sprunggelenksprobleme. Bei diesem besonderen Training müssen die Athleten auf einem instabilen Untergrund (Gelkissen, Trampolin oder Wackelbrett) Kräftigungsübungen oder auch für ihren Sport typische Bewegungsabläufe durchführen. Z.B. steht der Fußballer mit einem Bein auf einem Wackelbrett und übt das Passspiel. Dadurch schärft sich das „innere Auge“ des Sportlers und die Steuerung aller Muskeln, die das Sprunggelenk stabilisieren müssen. Denn die Muskeln sind die Hauptstabilisatoren des Sprunggelenks. Bei den Fußballbundesligisten ist das schon lange ins tägliche Trainingsprogramm integriert worden. Eine weitere präventive Maßnahme gegen die Verletzung des Sprunggelenks sind spezielle Sportschuhe (z.B. bei Fußball, Handball oder Basketball) bei denen eine Sprunggelenksorthese direkt mit dem Schuh vernäht ist. Diese Schuhe sollten aber nur beim Wettkampf getragen werden. Dies vor allem aus zwei Gründen: 1. Fast alle Sprunggelenksverletzungen geschehen im Wettkampf, 2. Der Athlet soll sich nicht an diesen Schuh gewöhnen, da sonst sein eigenes Stabilisierungsvermögen nachlässt.

 

FuPa: Schenkt man der Statistik glauben, so ist das Sprunggelenk das beim Fußball am häufigsten verletzte Gelenk. Für ein Laie ist es nur schwer vorstellbar, wie er diese Region vor Umknicken in der Bewegung schützen kann. Welche Möglichkeiten bestehen hierbei?
Dr. Christian Hank: Grundsätzlich bestehen hier exakt die gleichen Möglichkeiten wie beim Profisportler. Der finanzielle Aufwand hierfür ist sehr gering. Es bleibt dabei: von Natur aus haben wir Menschen alle Voraussetzungen für ein stabiles Sprunggelenk. Der Mensch muß aber diese Fähigkeit trainieren. Normalerweise passiert dies in der Kindheit ganz einfach beim täglichen Spielen, Klettern und Rennen. Wenn die Kinder aber gar nicht mehr aus dem Haus gehen wegen Hausaufgaben, Spielkonsole oder TV, dann kann sich dieses selbststabilisierende System nicht ausreichend entwickeln und es passiert das, was wir heute immer öfter in den Notaufnahmen beobachten: Junge Menschen erleiden schlimme Verletzungen am Sprunggelenk schon bei einfachen Aktivitäten wie Gehen auf der Strasse, was es vor 10 – 15 Jahren nicht gab. Daher ist in meinen Augen der wichtigste Schutz für das Sprunggelenk die körperliche Aktivität und der Sport im Kindes- und Jugendalter. Bandagen am Sprunggelenk sind in meinen Augen nur für die Versorgung akuter Verletzungen sinnvoll. Dagegen können sie keine Lösung bei chronischen Instabilitäten sein.

 

FuPa: Für Matthias ist die Fußballsaison 15/16 gelaufen. In der direkten Phase nach der OP ist es eine typische Fußballer – Krankheit schnellstmöglich auf den Platz zurückkehren zu wollen. Was können Sie Matthias hier mit auf den Weg geben? Ist Geduld gefragt oder kann kräftigendes Training Wunder bewirken? Schließlich brauchen die Blankenlocher Ihren Topstürmer wieder!
Dr. Christian Hank: Für Matthias gelten die gleichen Regeln wie für die Profis der höchsten Liga: die Natur gibt die Zeiten vor und zwar ab dem Unfall 6 Wochen, 24 Stunden in einer besonderen Sprunggelenksorthese („Bandage“) damit die gerissenen Bänder wieder heilen. Dann beginnt das Training für die muskuläre Stabilität, denn diese geht bei jedem Bänderriss ebenfalls komplett verloren, ist aber wie gesagt noch wichtiger als die Bänder selbst. Das dauert ca. 6 Monate. Ohne dieses Training ist das Risiko, dass es zu einem erneuten Umknicken kommt zu hoch und das Problem wird von Mal zu Mal schlimmer.  Der Sportler kann aber schon ab ca. 1 Woche nach dem Unfall auf dem Fahrradergometer uneingeschränkt seine allgemeine Fitness trainieren und im Kraftraum oder mit den Physios seine gesamte Muskulatur trainieren. Das erste freie Laufen ist meist 6-8 Wochen nach dem Unfall. Das erste Fußballtraining weitere 2 Wochen später. Wenn alles gut geht ist der erste Spieleinsatz frühestens 10 – 12 Wochen nach dem Unfall. Das ist aber nicht immer so. Man sollte auf keinen Fall zu früh und zu aggressiv wieder in das Spielgeschehen eingreifen, denn eine Folgeverletzung und damit ein Komplettausfall für eine ganze Saison wäre dann sehr wahrscheinlich.

Quelle: www.FuPa.net, 09.02.2016

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